Die Bäume in meinem Umfeld pflanzte und pflanze ich wohl wissend, dass ich sie nie zur Reife kommen sehen werde. Zudem pflanze ich sie nicht nur für mich, sondern für alle Lebewesen, zum Nutzen aller, und für eine Zukunft, die ich nicht kenne. Das macht nichts, aber ich möchte doch solche Bäume pflanzen, die in der Zukunft gute Überlebenschancen haben und richtig alt werden. Ist es nicht beeindruckend, unter einem solchen Baum zu stehen, einem lebendigen Wesen, das viel älter ist als wir und sogar die nächsten Generationen überleben wird? Dieses Wesen denkt nicht und malt sich keine Zukunft aus, sondern es lebt fest verwurzelt und muss mit den Umwelteinwirkungen zurechtkommen, ohne Vorkehren treffen zu können. Doch das hat seine (natürlichen) Grenzen. Sich aber eine Zukunft vorstellen und vorausschauend handeln zu können, das ist es doch, wozu wir Menschen in der Lage sind! Und wir erkennen heute, dass diese Zukunft mit dem aktuellen Klimawandel ungewisser denn je ist. Ich bin überzeugt, dass nur eine Verbreiterung der Angebotspalette hilft, um den Bäumen und Wäldern ein Überleben zu ermöglichen! Nur eine Mischung aus einheimischen und fremdländischen Arten ist wirklich zukunftsführend, denn viele unserer einheimischen Bäume werden nicht oder nicht überall überleben.
So habe ich bereits vor etwas mehr als 30 Jahren begonnen, eine grosse Auswahl an Gehölzen im Garten selber und rund um die La Ferme 1794 zu pflanzen. Auf diesem rund 4,5 ha grossen Gelände wachsen daher heute nebst vielen Einheimischen auch etliche Fremdländer, sogenannte Exoten, die sich übrigens bester Gesundheit erfreuen. Dazu gehören etwa Liriodendron tulipifera, Gleditsia triacanthos, Robinia pseudoacacia, Quercus rubra, Abies grandis, Abies concolor, Abies nordmanniana, Calocedrus decurrens, Thuja occidentalis, Pseudotsuga menziesii und Sequoiadendron giganteum. Unterdessen ist so in der feuchten Ebene auch ein respektabler Auenwald entstanden (ca.1,3 ha), den wir diesen Winter mit 20 Ulmus laevis, 20 Ulmus glabra,10 Taxodium distichum, 10 Populus nigra (reine Genotypen) und 10 Juglans nigra ergänzen werden.
Ungewisse klimatische Zukunft
Die Zeiten, in denen wir hier in Mitteleuropa ein gemässigtes und ausgleichendes Klima hatten, sind vorbei. Die Gegenwart verzeiht uns unsere Umweltsünden nicht und die Zukunft laut Wissenschaftlern noch weniger. Mittlerweile haben nicht nur die Fichte, Tanne, Kiefer, Esche und Buche beträchtliche Mühe, Hitze, Trockenheit und Krankheiten zu bewältigen, sondern auch die Hainbuche und Vogelbeere. Ein Festhalten an Bewährtem, das mit dem Klimawandel nicht mehr zurechtkommt, ist nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich.Dr. Gregor Aas, Ökologisch-Botanischer Garten der Universität Bayreuth, schreibt: Der Klimawandel könnte so stark werden, dass alleine mit heimischen Baumarten die Vielfalt der Waldfunktionen nicht zu gewährleisten ist! In Gesprächen mit Vertretern des Forstdienstes, des Naturschutzes oder des Gartenbaus spüre ich aber immer wieder eine starke Ablehnung der fremdländischen Baumarten. Offenbar sind es Ängste vor dem Neuen, Fremden, Unbekannten, die in dieses dogmatische Denken führen. Solches ‘Tunneldenken’ verhindert aber dringend notwendige kreative Ansätze, die aus der brisanten Lage führen.
Mut zu Neuem
Statt Feindbilder zu suchen, sollten wir unsere Energie intelligent in die Suche von anpassungsfähigen Baumarten stecken, uns auf neue Chancen mit Fremdländischem konzentrieren. Gehölze, die vom Klimawandel profitieren, seien es Sommerflieder, Palmen oder der schnellwachsende Blauglockenbaum, sind ja nicht das Problem per se. Sie nutzen nur das «natürliche» Potenzial, das ihnen neu geboten wird. Selbstverständlich sollen heimische trockenheitstolerante Arten, soweit vorhanden, vorrangig bevorzugt werden. Und selbstverständlich muss gut beobachtet werden, ob sich mit den neuen Arten nicht auch neue Krankheiten oder Schädlinge einstellen und ausbreiten. Die Natur wird uns gute Lösungen bieten, da bin ich überzeugt. Nicht zu vergessen: Die natürliche Auslese ist unerbittlich und verdrängt gnadenlos alle Arten, die sich nicht anpassen können. Wir werden lernen müssen, den Verlust von Bewährtem zu verkraften. Dabei wartet aber eine Fülle an neuen Pflanzen, um die Leerräume zu besetzen. Neueste Studien zeigen, dass auch die Fauna von nicht einheimischen Pflanzen profitiert, z. B. von den sogenannten Spätblühern. Allgemein dürfte es blütenbesuchenden Insekten egal sein, ob die Blüte einheimisch oder exotisch ist.
Pragmatismus ist gefragt
Wir müssen bei der Bepflanzung pragmatischer sein. Die Arten sind zwar anpassungsfähiger, als wir es ihnen zutrauen, aber da sind Grenzen. Neue Baumarten können diese überwinden. Die Natur ist nie zögerlich, eine neue Ressource zu erschließen und zu nutzen. Investieren wir also jetzt in eine Zukunft, die sich z.B. auch angesichts des enormen Rückgangs der Insektenpopulationen, den wir bereits erlebt haben, immer bedrohlicher ankündigt. In den letzten 20 bis 25 Jahren ist die Zahl der grossen Fluginsekten um 25 % zurückgegangen. Ausschlaggebend dafür war die schrumpfende Vielfalt der Flora. Nur wenn die Biodiversität wieder zunimmt, werden die Insekten zurückkehren. Die Baumartenvielfalt gehört zwingend dazu. Wir müssen über diese Art von Fakten und Problemen sehr sachlich nachdenken und entsprechend handeln. Das Wichtigste, was wir Menschen aus unserem Charakter und unseren Talenten ziehen können, ist Kreativität. Wir sind sehr kreativ, wir sind sehr phantasievoll, und wir sind sehr anpassungsfähig. Diese Eigenschaften sollten wir also in den Vordergrund unserer Herangehensweise von Klima-Projekten stellen.
Stiftung R. und M. Fasnacht
Ich und meine Frau haben deshalb eine Stiftung ins Leben gerufen, die Projekte im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung unterstützt. So können Erkenntnisse und Erfahrungen zu heimischen und nichtheimischen Gehölzen und Stauden gewonnen werden. Zudem soll sie das Gelände der Gehölzsammlungen im Raum Champ Raclé 19 in Murten beziehungsweise Muntelier sowie in Sugiez erhalten, pflegen, weiterentwickeln und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Autoren: Roland und Marlise Fasnacht